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Sprung aus fahrendem Zug & Reise ins Innere

Lesezeit: 5 Minuten

NEWS Update August 2023

Nach der sehr abenteuerlichen Etappe letzten Monat durch das Himalaya Hochgebirge und die wunderschöne Region Ladakh, wollten wir es im August ein wenig ruhiger angehen lassen – was uns sogar halbwegs gelungen ist. Aber irgendwie geht bei uns halt doch nichts ohne Abenteuer…
Durch Danis Fieber und die Mandelentzündung hatten wir natürlich sehr viel Zeit verloren. Wir verwarfen deswegen unsere geplante Route und buchten eine Zugfahrt, die einmal komplett vom Norden Indiens in Kaschmir bis in den Süden ans Meer nach Chennai ging. Dies war gleichzeitig die längste Zugfahrt unseres Lebens. Einfach unglaublich, Indien ist so riesig, dass wir für 3.689km tatsächlich knapp 55 Stunden von einem Ende zum anderen brauchten. Abfahrt war mitternachts um 00:10 Uhr. Das Ticket konnten wir zuvor mithilfe einer App organisieren und hatten dann tatsächlich auch jeder eine Liege komplett für sich alleine.

Wer in Indien schon einmal Zug gefahren ist, der weiß vielleicht, wie kompliziert das manchmal laufen kann… Zuerst kommt man auf eine Warteliste, rutscht dann bei Stornierungen anderer Zuggäste nach vorne. Die nächste Stufe ist, dass man schon mal im Stehen mitfahren darf. In letzter Instanz entscheidet sich dann, ob man die Liege bei Nachtfahrten für sich alleine hat, oder teilen muss, oder im Gang schlafen muss… Hatten wir alles schon… Ach ja und da gabs ja noch die Fahrräder. Das Ticket für die Räder muss man vor Ort am Bahnhof im Parcel Office kaufen, was aufgrund indischer Bürokratie oft mehrere Stunden oder manchmal nur wenige Minuten dauern kann. Normalerweise werden sperrige Gegenstände dann von den „Portern“ also den Trägern eingeladen, da die Räder aber alles sind, was wir haben, legten wir selbstverständlich selbst mit Hand an.

Gerade verrückten wir mit den Portern noch die Räder in die richtige Position, da fuhr der Zug auch schon los. Zwar rollten wir nur sehr langsam vorwärts, aber wir FUHREN. Der Schaffner winkte uns zu, wir sollten schnell in das erste Abteil und von dort aus im Zug bis zu unserem Abteil laufen. Dieses besagte Abteil war sozusagen die Holzklasse, mit den billigsten Tickets, also da wo wir sonst auch fahren würden. Es war randvoll mit Menschen, die sich zu viert auf eine Liegen quetschten. Viele Inder saßen und schliefen bereits auf den Gängen. Umständlich hangelten wir uns von ein paar freien Zentimetern zu den nächsten, darauf bedacht nicht ausversehen auf einen Schlafenden zu steigen. Die Züge in Indien sind unheimlich lang, eigentlich klar bei fast 1,4 Milliarden Einwohnern.
Da war endlich unser Abteil. Dann der Schock. Das Abteil war separiert und verschlossen! Wir konnten also nicht von innen hinein, sondern mussten zuerst aussteigen. Wir standen vor der offenen Tür, die aufs Gleis zeigte (übrigens in Indien ganz normal, dass diese auch während der Fahrt offen bleiben) und schauten hinaus. Wir rollten immer noch im erhöhten Schritttempo durch den Bahnhof. Mittlerweile war es gegen 00:20 Uhr.
Was jetzt? Zusammengepfercht mit all den vielen Menschen in diesem Abteil bleiben und zwei Stunden bis zum nächsten Halt warten? Oder schnell rausklettern und endlich schlafen? Das Adrenalin rauschte uns bis in die Ohren. Keine Zeit zum lange Überlegen… Der Zug wurde schneller und wir waren nun nicht mehr am Bahnsteig.

Melli stieg die Wagontreppe hinab und landete mit einem Sprung auf dem Gleisbett… Oh, doch etwas höher als erwartet. Sie stand wieder auf, rannte neben dem Zug her und kletterte schließlich die Stufen zu unserem Zugabteil hinauf. Und die Türe war zu!
Noch nie war eine Zugtüre hier in Indien zu!
Laut hämmernd und rufend wurde zum Glück nach ein paar Schrecksekunden von innen geöffnet. Mittlerweile war der Zug etwas schneller, aber trotzdem noch im zügigen Schritttempo. Dani hingegen war noch im anderen Abteil. Einen Augenblick später dann der Sprung zwischen die Gleise. Er lief neben de Zug her, musste aber glücklicherweise noch nicht schnell rennen. Mit dem Gepäck wäre es auch schwer möglich gewesen. Als er dann auch endlich drinnen war, standen wir uns zitternd gegenüber. Geschockt, was da gerade passiert war. Und ein klein wenig am lachen, wie verrückt das gerade war. Wie in einem Action Film. Der Schock saß aber deutlich tiefer.
Es dauerte auch keine 10 Minuten und wir schliefen erschöpft auf unseren zwei Liegen ein. Die nächsten Tage im Zug waren unspektakulär und entspannt. Hier gab es Strom zum Arbeiten und alle paar Stunden lief tagsüber jemand durch den Zug, der laut „Chai, chai, chai“ rief, also Tee servierte oder etwas zu Essen verkaufte.

Am dritten Tag, also nach 55 Stunden, kamen wir dann in Chennai an und bereiteten uns auf die nächste Reise vor. Es ging ins Dhamma Setu Vipassana Meditations Zentrum und genau genommen machten wir dort eine Reise zu unserem tiefsten Inneren. Unser Philosophie Lehrer hatte uns während der Yoga Ausbildung in Rishikesh empfohlen, einen 10 Tages Kurs zu machen. Übrigens haben wir einen sehr emotionalen Film über unsere Transformation während unserer Fahrrad Weltreise und den Erfahrungen in unserer Yoga Lehrer Ausbildung veröffentlicht, den ihr hier ansehen könnt:

Wann bekommt man schon mal die Gelegenheit sich selbst weiterzubilden, das mit einer Reise zu verknüpfen und dann auch noch in dem Land zu lernen, aus dem es ursprünglich kommt. Der Vipassana Meditationskurs wird übrigens rein auf Spendenbasis abgehalten. Wir müssen zugeben, wir haben Blut geleckt. Nach der Yoga Ausbildung war schnell klar, wir wollen auch diesen Meditations Kurs für uns selbst machen.
Die Vipassana Meditation unterscheidet sich klar von anderen Meditations Arten.
Ihr Ziel: Frieden in sich selbst erfahren und ein glückliches, erfülltes Leben führen. Die Technik: durch simple Selbstbeobachtung von schlechten Gefühlsmustern lösen. Die Umsetzung ist jedoch gar nicht so einfach und die Technik muss genau angeleitet und umgesetzt werden. Uns erwartete ein hartes Programm: 10 Tage, 10 Stunden am Tag meditieren. Aufstehen 4 Uhr morgens, Schlafenszeit 21:30 Uhr. Während dieser Zeit durfte mit keinem außer den Lehrern oder dem Management gesprochen werden und auch kein Tagebuch zur Reflexion geführt werden. Das Handy, Laptop und andere Wertsachen mussten abgegeben werden.

Erst ärgerte uns das etwas, denn wie sollten wir das Gelernte verinnerlichen, verstehen und Erkenntnisse sonst festhalten. Schnell wurde aber klar, dass gerade dadurch der Fokus genau von dem abgelenkt wird, was eigentlich die Aufgabe ist. Neben gemeinsamen Gruppenmediationen gab es auch englische Videos mit Originalaufnahmen von S. N. Goenka, der ab 1969 Vipassana in Indien und später sogar weltweit lehrte. Diese gelehrte Technik geht 2.500 Jahre zurück bis hin zu Buddha, wobei jeder Mensch frei von jedweder Religionszugehörigkeit oder sozialem Stand Vipassana meditieren kann. In diesen inspirierenden Videos wurde auch nochmal die Theorie und häufige Fehler der Technik näher besprochen. Außerdem hatten wir in der schönen Pagoda die Möglichkeit in sogenannten Einzelzellen zu meditieren. Wir haben erstaunliches erlebt und fühlen uns nun nach dem Kurs unheimlich erleichtert. So als hätte man ein paar schwere Säcke Mehl von unseren Schultern genommen. Am Tag vor der Abreise wurde dann nachmittags das Schweigen aufgehoben. Das ganze Meditationszentrum war erfüllt vom lauten Gelächter der Menschen. Die ganze Atmosphäre war unheimlich schön, leicht und voller Mitgefühl. Am Ziel sind wir noch nicht, aber wir werden versuchen diese wundervolle Meditationstechnik in unseren Alltag einzubinden.

Mittlerweile sind wir ein wenig weiter gereist und unsere Route (Download all unserer GPX-Daten hier möglich) führte uns noch weiter in den Süden. Ein Mitschüler bei der Yoga Ausbildung in Rishikesh hatte uns von seinem Cousin erzählt, der eine Kite Schule hat. Ja, und jetzt sind wir tatsächlich hier, im Aqua Outback. Ein abgeschiedenes kleines Fleckchen, wo man seine Ruhe vom ganzen Trubel und Chaos hat. Wo wir so darüber nachdenken, hat uns unsere Yoga Ausbildung uns viele weitere tolle Kontakte und Möglichkeiten beschert. Erst der Tipp vom Meditationszentrum und jetzt lernen wir Kite surfen! Das hätten wir tatsächlich nie gedacht, dass wir sowas mal machen. Heute war unser erster Tag. Auf dem Programm standen Sicherheitsanweisungen und Trockenübungen mit einem Mini Fallschirm an Land. Morgen geht es dann ins Meer und wir sind schon richtig gespannt, ob wir am Ende unserer Zeit hier es tatsächlich schaffen, mit dem Kite richtig auf den Wellen zu surfen! Mehr erfahrt ihr dann in unserem nächsten Reiseupdate.

Natürlich werden wir dann auch wieder Fahrrad fahren! Die Route ist schon fix. Es geht Richtung Kerala, wo es wunderschön und vor allem grün sein soll. Dort wollen wir dann unter anderem auch die Backwaters erkunden, die zu den absoluten Highlights dort gehören.

Ohne euren Support könnten wir dieses Reiseupdate erst gar nicht veröffentlichen! Deshalb freuen wir uns immer riesig über eure Wertschätzung z.B. über Paypal Freunde oder Überweisung! Denn ihr sorgt dafür, dass wir in einer Unterkunft mit Strom und Internet neue Beiträge sowie Videos für euch produzieren und uploaden können! Bitte unterstütze unser Projekt, es dauert nur wenige Minuten. Herzlichen Dank dafür und wir freuen uns riesig, dass ihr Teil unseres Fahrrad Abenteuers um die Welt seid!

Liebe Grüße aus dem Süden Indiens

Melli & Dani

Wir sind zur Zeit auf einer 5 jährigen Weltreise mit dem Fahrrad! Komm mit auf Social Media und wir entdecken zusammen die Welt.

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